Eine musikalische Liebesobsession, in der Tod und Leben, Traum und Wirklichkeit zunehmend verschwimmen. Bis Paul einen Mord begeht – oder doch nicht? Simon Stone erlebt mit dem Stück seine Feuerprobe als Opernregisseur. Er macht das einmal mehr grandios.
Theater Basel | Die tote Stadt
Abgeschiedenheit und Weltentfremd
Brügge, die einstmals mittelalterliche Handelsmetropole, ist zum Symbol für Abgeschiedenheit und Weltentfremdung geworden. Hierher hat sich Paul nach dem Tod seiner Frau zurückgezogen und versucht, jedes Detail ihres Daseins für die Ewigkeit zu bewahren. Nur die Haushälterin Brigitta und sein bester Freund Frank sind Pauls Kontakte zur Aussenwelt, bis das Leben in Gestalt der Tänzerin Marietta in Pauls Tempel des Erinnerns hereinbricht. In Pauls Augen sieht sie der Toten zum Verwechseln ähnlich. Er steigert sich immer mehr in seine Liebesobsession hinein.
Ein kathartischer Traum
«Die tote Stadt» basiert auf dem Roman «Das tote Brügge» von Georges Rodenbach, einem der Schlüsselwerke des französischen Symbolismus. Erich Wolfgang Korngold und sein Librettist Paul Schott (alias Julius Korngold, der Vater des Komponisten) nehmen an der Geschichte jedoch gravierende Änderungen vor, die der Oper ein Happy End und der Hauptfigur Paul somit die Kraft verleihen, aufgrund eines kathartischen Traums sein Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen und ins Leben zurückzukehren.
Einflussreicher Komponist Hollywoods
Dem erst 23-jährigen Korngold gelang mit «Die tote Stadt» ein Sensationserfolg: Nach ihrer gleichzeitigen Uraufführung 1920 in Hamburg und Köln wurde die Oper in den Folgejahren weltweit auf etwa achtzig Bühnen nachgespielt. Mitte der 1930er-Jahre musste Korngold vor den Nationalsozialisten ins amerikanische Exil flüchten. Dort wurde er zu einem der einflussreichsten Komponisten Hollywoods und «Gründervater» der sinfonischen Filmmusik.
Klangwelten des frühen 20. Jahrhunderts
Die musikalische Leitung der Produktion liegt beim Musikdirektor des Theater Basel, Erik Nielsen, der eine grosse Vorliebe für die Klangwelten des frühen 20. Jahrhunderts hat. Hausregisseur Simon Stone, dessen Inszenierungen von «Engel in Amerika» und «John Gabriel Borkman» bereits am Theater Basel zu sehen waren, stellt sich mit seiner Interpretation von «Die tote Stadt» erstmals als Opernregisseur vor.