Was bleibt von einem Bühnentänzer, der seinen Körper über Jahre durch Tanz geformt und seinen Geist durch die Bewegung genährt hat, wenn er nicht mehr kann? In «Faded» zeigt Ioannis Mandafounis eben diesen Prozess und verabschiedet sich gleichzeitig mit dem Stück von der Bühne.
Tanzszene Schweiz | Ioannis Mandafounis | Die letzten Jahre des Tanzes
«Faded»
Mit seinem Stück «Faded», einer Koproduktion mit dem Migros-Kulturprozent Tanzfestival Steps, vollzieht Mandafounis sein Rollen- und Identitätswechsel endgültig. Er hat beschlossen, sich von der Bühne zu verabschieden. Doch vorher schlüpft er ein letztes Mal in die Rolle des klassischen Tänzers. Mit «Faded» blickt Mandafounis auf die Anfänge seiner Karriere und geht zurück zu seinen Wurzeln im Ballett. Er studierte dafür mehrere sehr anspruchsvolle Solo-Variationen aus berühmten Ballettwerken im Original ein und reihte sie – mit dem Auge des zeitgenössisch arbeitenden Choreografen – zu einem 50-minütigen Programm zusammen. Die Musikerin/Performerin Antigone Frida teilt mit ihm die Bühne, sie ist ein wichtiger Bezugspunkt während seiner Reflexion über den Beruf, der sein Leben seit Jugendtagen durch regelmässiges Training vollständig dominierte. Ioannis Mandafounis erlebt jedes einzelne Solo mit seinem durch lange Tanzerfahrung geprägten Körper neu, nach und nach entsteht dabei ein humorvoller, vor allem jedoch zutiefst berührender Dialog des Tänzers mit dem Tanzen selbst.
Rückblick auf eine vielseitige Karriere
Nach rund hundert Aufführungen pro Jahr in knapp 25 Jahren auf der Bühne weiss der in Athen geborene Genfer Ioannis Mandafounis, dass er seinem Körper eine Pause gönnen muss. Mandafounis studierte Tanz am Konservatorium von Paris und blickt auf zahlreiche Highlights als Tänzer sowie Choreograf rund um den Globus zurück. Für ihn macht vor allem die Abwechslung seine Karriere aus. Er kreierte eigene Stücke und performative Installationen. Gleichzeitig arbeitete er wiederkehrend als Choreograf an unterschiedlichen Tanzhäusern sowie an Stadt- und Staatstheatern.
Vor der Gründung seiner eigenen Compagnie 2009 war Mandafounis Mitglied des Gothenburg Opera Ballet, des Nederlands Dans Theater II und ab 2005 der Forsythe Company. 2004 gründete er die Lemurius Company in Athen, mit der er auf verschiedenen Festivals zahlreiche Arbeiten zeigte. In der Spielzeit 2011/12 war Mandafounis als Künstler am Kunstzentrum deSingel in Antwerpen, und von 2012 bis 2014 tanzte er als Artist in Residence am Künstlerhaus Mousonturm in Frankfurt am Main. 2015 erhielt Mandafounis als Würdigung seiner herausragenden tänzerischen Qualitäten den Swiss Dance Award in der Kategorie «Outstanding Male Dancer».
Einflüsse und tänzerische Perspektiven
Zu Mandafounis Vorbildern zählen Tänzer wie Jean Guizerix. Bei ihm erfuhr Mandafounis in seiner Zeit am Konservatorium in Paris erstmals was es bedeutete, Tanz zu interpretieren und sein Herz zu öffnen. Ein weiteres Vorbild für ihn ist sicherlich William Forsythe, der ihn sowohl tänzerisch als auch choreografisch in Koproduktionen und Aufführungen unterstützte.
Mandafounis Arbeiten sind geprägt von der Spannung zwischen tänzerisch erzeugten Bildern und den dadurch ausgelösten Gefühlen bei den Betrachtenden. Durch ungewöhnliche Zugänge und Raumsituationen werden den Zuschauenden immer wieder erfrischende und überraschende Perspektiven auf Tanz ermöglicht.
Das Tanzen hört für Mandafounis nie auf, im Studio arbeitet und recherchiert er weiter.
Cie Ioannis Mandafounis
Die Compagnie von Ioannis Mandafounis wurde 2009 als Cie Projet 11 gegründet. Seither wurden über 20 Tanzstücke und choreografische Installationen kreiert und von zahlreichen Theaterhäusern und Festivals koproduziert und gezeigt.
Im Rahmen des Koproduktionsmodells «Prairie» vom Migros-Kulturprozent wurde die Companie Cie Ioannis Mandafounis im Jahr 2015 als eine der innovativen Schweizer Theater- und Tanzcompagnien über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert. Ihren Begründer trägt die Compagnie seither im Namen mit. Die Choreografen der Compagnie suchen ständig nach neuen Möglichkeiten, um die Zuschauenden mit dem Tanz vertraut zu machen, sie einzubeziehen, einzuladen und sozusagen die «Türen zur Wahrnehmung» zu öffnen. Dies ist eine Konstante in ihren Leistungen.