Zwei Insektenforscher brechen in den Wald auf, um eine bestimmte Käferart vor dem Aussterben zu retten. Doch im Wald, wo die Feenkönigin ihre Magie ausübt, trügt die Wahrnehmung. Ein brillanter, vielschichtiger Text, lebendig inszeniert als dialogischer Waldspaziergang, eingetaucht in einem Sound der Sehnsucht. Das Stück hinterfragt die Rolle des Menschen in der Welt, untersucht seine speziäre und sexuelle Identität sowie die zeitgenössische Sehnsucht, wieder ein Teil der Natur zu sein.
Südpol | The Fairy Queen
Ein post-anthropozentrischer Sommernachtstraum frei nach Henry Purcell und William Shakespeare.
Verführerische Bierflaschen im Wald
Zwei Insektenforscher brechen in den Wald auf, um eine bestimmte Käferart vor dem Aussterben zu retten: Der Julodimorpha bakewelli ist eine Unterart des Prachtskäfers, die in Australien lebt. 1980 beobachteten Zoologen erstmals, wie ein männliches Exemplar des Käfers versuchte, mit einer weggeworfenen Bierflasche zu kopulieren. Versuche bestätigten, dass die Männchen tatsächlich die braun schimmernden und geriffelten Flaschen eines bestimmten Bierherstellers mit den Weibchen ihrer Gattung verwechselten und deswegen im Begriff waren auszusterben. Dieser tragikomischen Verflechtung zwischen Natur und Kultur – und vielen weiteren kleinen Tragikomödien des Anthropozäns – begegnen die zwei Forscher in «The Fairy Queen» auf ihrer Expedition durch den Wald. Es zeigt sich: Nicht nur der Prachtskäfer hat ein Wahrnehmungsproblem im Reich der Feenkönigin. Und so geraten die Forscher auf einen seltsamen Trip durch eine übergriffige Tier- und Pflanzenwelt, die die menschliche und körperliche Identität der Forscher in Frage stellt und tiefgreifend verändert.
Theater als Forschungsreise
«The Fairy Queen» ist ein Projekt der Luzerner Regisseurin Nina Halpern und des Luzerner Autors Christoph Fellmann. Es basiert lose auf der gleichnamigen Oper von Henry Purcell und damit auch auf dem «Sommernachtstraum» von William Shakespeare, kombiniert die historischen Vorlagen aber mit Waldtexten von Henry David Thoreau bis Joseph Conrad sowie mit aktueller Bewusstseins-, Wahrnehmungs- und Waldforschung. Auf ihrer Forschungsreise geraten die zwei Protagonisten des Stücks, der renommierte Forscher Beutler und sein Assistent, auf einen so seltsamen wie bildstarken Trip durch eine übergriffige Tier- und Pflanzenwelt, die ihre menschliche und körperliche Identität der Forscher in Frage stellt und tiefgreifend verändert. Zur zeitgenössischen, frei ihre Gestalt wechselnden Musik von Laura Livers ist dies ein Stück über den Menschen in der Welt, über seine speziäre und sexuelle Identität und über seine zeitgenössische Sehnsucht, endlich wieder ein Teil der Natur zu sein.
Christoph Fellmann (*1970) lebt und arbeitet als freischaffender Autor und Theatermacher in Luzern. Er war und ist auch regelmässig als Kulturredaktor und freischaffender Journalist für die wichtigsten Printmedien der Deutschschweiz tätig. «Apocalypse now», « Müllers », 1. und 2. Staffel, «Ab die Post» und eine freie Adaptation von «They Shoot Horses, Don’t They?» sind seine neuesten Theaterstücke. Sie entstanden in den letzten zwei Jahren und erhielten über Luzern hinaus viel Aufmerksamkeit. Christoph Fellmann ist auch als Schauspieler tätig und erhielt im 2009 den Anerkennungspreis der Stadt Luzern für das Theater Aeternam.
Nina Halpern (*1988) arbeitet seit 2009 als freischaffende Theaterpädagogin und Regisseurin und leitet Reactor, ein Kompetenzzentrum für interaktive Medien- und Theaterformen in Basel. Theater ist für sie ein Mittel, Austausch zu ermöglichen und Veränderungen in Gang zu setzen. Sie realisierte zahlreiche Theaterprojekte im In- und Ausland. Ihre Inszenierungen zeichnen sich unter anderem durch die Zusammenarbeit von Laien und Profis aus. Mit dem Jugendtheater actNow gewannen sie 2015 den 1. Förderpreis des Migros Kulturprozents und realisierte damit ein zweijähriges Austauschprojekt mit Jugendlichen aus dem Kosovo.