100 Minuten Musiktheater über das zerstörerische sexuelle Begehren einer jungen Frau und den Untergang einer dekadenten Welt. Andreas Homoki inszeniert – Erik Nielsen dirigiert – Elena Stikhina singt, in der Rolle der sinnlichen und erfahrungshungrigen Salome, die der Enge und der Zudringlichkeiten der Gesellschaft, in die sie hineingeboren wurde, überdrüssig ist.
Salome - Das Opernhaus Zürich zeigt Musiktheater an der Schwelle zur musikalischen Moderne
- Publiziert am 11. Dezember 2022
Andreas Homoki zeigt mit dem Einakter von Richard Strauss den Untergang eines dekadenten Herrschaftssystems.
Die in ihrer Verbindung von stimmlicher Energie und Jugendlichkeit begeisternde russische Sopranistin Elena Stikhina als Salome und der kraftvolle litauische Bassbariton Kostas Smoriginas als Jochanaan bilden auch in der Wiederaufnahme das Paar, das diese Salome-Produktion bei der Premiere zu einem Erfolg werden liess.
Grausame Bluttat
Salome trifft auf den Propheten Jochanaan (Kostas Smoriginas), der die Verhältnisse kritisiert, aus denen sie ausbrechen will. Jochanaan ist hier kein christlicher Heilsverkünder, sondern ein Typ mit Charisma und starker männlicher Verführungskraft, der sich der erotischen Anziehung Salomes seinerseits nicht entziehen kann. Das fatale Begehren, das in die grausame Bluttat mündet, ist beidseitig.
Salome | Synopsis
Von der weiblichen Figur der Salome geht eine so grosse Faszination aus, dass sich ihr Mythos seit zweitausend Jahren durch die Kulturgeschichte der Menschheit zieht. In der Bibel taucht sie erstmals auf, und über die Jahrhunderte hinweg haben sich immer neue Interpretationsschichten an das Bild von der sehr jungen Frau angelagert, die vor ihrem Stiefvater Herodes einen erotischen Tanz aufführt und sich als Gegenleistung dafür den abgeschlagenen Kopf von Johannes, dem Täufer, bringen lässt. Die Kombination aus sündiger Erotik und grausamer Bluttat, gerahmt von orientalischer Opulenz, war für Künstler aller Zeiten hochattraktiv. Ende des 19. Jahrhunderts wird Salome zur Symbolfigur für die gefährliche Macht der weiblichen Sexualität, und der Dichter Oscar Wilde schrieb ein skandalumwittertes Fin-de Siècle-Drama, das Salome als starke, begehrende Frau zeigte und die Dekadenz einer zum Untergang verurteilten Welt in schillernden Farben aufblühen liess. Daraus machte Richard Strauss 1905 einen packenden Operneinakter, der ihm seinen ersten Welterfolg bescherte: Salome gehört bis heute zu den meistgespielten Opern des Repertoires. Die Inszenierung von Andreas Homoki, die in der vergangenen Spielzeit Premiere hatte, zeigt die Oper in einem abstrakten Bühnenbild, das im Wesentlichen aus zwei rotierenden Mondsicheln besteht und die Handlung ganz aus der suggestiven Beziehungsspannung der Figuren im leeren Raum entwickelt. Salome ist bei Homoki eine erfahrungshungrige Frau, die der Enge und der Zudringlichkeiten der Gesellschaft, in die sie hineingeboren wurde, überdrüssig ist. Sie trifft auf den Propheten Jochanaan, der genau die Verhältnisse kritisiert, aus denen sie ausbrechen will. Bei Homoki ist Jochanaan kein christlicher Heilsverkünder im härenen Gewand, sondern ein Typ mit Charisma und starker männlicher Verführungskraft, der sich der erotischen Anziehung Salomes seinerseits nicht entziehen kann. Das fatale Begehren, das in die grausame Bluttat mündet, ist beidseitig.