Mozarts oft unterschätztes Meisterwerk in einer spannenden Neuinterpretation
Oper Stuttgart | Idomeneo
- Publiziert am 2. April 2008
Regisseurin Waltraud Lehner und Generalmusikdirektor Manfred Honeck widmen sich an der Staatsoper Stuttgart einer Mozart-Neuinterpretation
„Idomeneo“ ist ein besonderes musikalisches Anliegen des neuen Stuttgarter Generalmusikdirektors und damit nach „Così fan tutte“ bereits die zweite Mozart-Oper, welche Manfred Honeck an der Staatsoper dirigieren wird.
In dem für die Münchner Karnevalssaison 1781 komponierten „Idomeneo“ zeichnet Mozart so eindringlich filigrane Personen-Psychogramme, dass für Regisseurin Waltraud Lehner eines sehr deutlich wird: Die Geschichte über den König Idomeneo (Matthias Klink), der aus dem trojanischen Krieg nach Kreta heimkehrt und während eines Seesturms dem Gott Neptun (als Gast Michael Nowak) ein Menschenopfer für seine Rettung verspricht, ist nicht nur theatrale Ausschmückung einer antiken Sage. Vielmehr birgt dieser Stoff die Thematik eines von Krieg und Gewalt zerstörten Mannes, der keinen Weg zurückfindet in die Welt, aus der er einmal aufgebrochen ist.
„Es zeigt sich damals – und leider auch heute: Der Krieg deformiert Menschen. Idomeneo ist kein glücklicher Heimkehrer, sondern ein von seinen Erlebnissen Gezeichneter. Da er die erlebte Gewalt und Grausamkeit nicht abschütteln kann, bringt er den Krieg mit nach Hause und trägt ihn damit ins Zentrum der Gesellschaft. Auch holt ihn das Morden, dem er gerade entkommen scheint, daheim erneut ein. Doch diesmal soll er keinen Unbekannten, sondern den eigenen Sohn töten.“
Idomeneos Heimkehr, das Aufeinandertreffen von Monarch und Volk fasst Bühnenbildnerin Susanne Gschwender (zuletzt gestaltete sie Bühnenbilder für „Jenůfa“ und den „Fliegenden Holländer“) eine Art Mausoleum. Es ist – etwas voreilig für den vermeintlich toten Idomeneo errichtet – unbehauste Totenstätte und Aufenthaltsort für die Lebenden zugleich. Dabei schlägt Werner Pick mit seinen Kostümen den Bogen von den antiken Figuren zu einer heutigen Gesellschaft.
Der Un-Ort Mausoleum wird zur Folie für die komplexe Vater-Sohn-Beziehung, die Dreiecksgeschichte Idamante (Tajana Raj), Elettra (Simone Schneider) und Ilia (als Gast Sunhae Im) – und nicht zuletzt die Kriegs-Traumata, welche durch jede Figur aus einer anderen Perspektive reflektiert werden.
Text Staatsoper Stuttgart