Don Giovanni gibt es nicht. Schon Søren Kierkegaard befand, die Figur sei nicht darstellbar, und verfolgte konsequent die Oper mit geschlossenen Augen. Und wirklich: Mozart und da Ponte erklären ihren zweifelhaften Helden nicht, sie lassen ihn «charakterlos» und nahezu ohne Arien geschehen, versteckt hinter Masken, Täuschungen, Verkleidungen.
Luzerner Theater | Don Giovanni
Held der Abwesenheit
Don Giovanni gibt es nicht, aber es gibt das, was die anderen Don Giovanni nennen. Und je flüchtiger es sich zeigt, je abwesender es ist, desto stärker und anziehender wird die Macht dieses gesichtslosen Verführers. Giovanni ist ein Prinzip. Er ist das Begehren, der Trieb. Und er ist der Spiegel derer, die in ihn hineinsehen und in ihm ihre Sehnsucht erkennen, bedingungslos zu lieben, bedingungslos zu leben.
das unstillbare Begehren
Regisseur Benedikt von Peter nimmt die Abwesenheit des Protagonisten wörtlich. Don Giovanni tritt in seiner Inszenierung nicht in Erscheinung. Und der Abend spielt im Dunkeln. Mittels Infrarotkameras schaut das Publikum wie durch ein Schlüsselloch auf die Charaktere: Elviras Sehnsucht nach Liebe, Zerlinas wildes Schwärmen, Donna Annas Ringen um ihre Treue und Masettos blanker Hass auf seinen übermächtigen Nebenbuhler. Manches sehen wir live, vieles ist jedoch nur im Dunkeln zu erahnen, überlebensgross projiziert auf eine Leinwand, hinter der es lauert, das unstillbare Begehren, der Virus der Lust.