In jedem von uns steckt ein Tier. Jeder von uns hat Hände zum Töten. Wir sind alle schuldig. Oder doch nicht …
Luzerner Theater | Die Affäre Rue de Lourcine
Die Untiefen des Menschen
Suff, Filmriss, schwerer Kater! Nach einem feucht-fröhlichen Klassentreffen wacht Lenglumé mit dumpfem Schädel ohne jegliche Erinnerung auf. «Was nach dem Salat passiert ist … da verschwimmt mir alles komplett!» Wie um alles in der Welt ist sein alter Schulkamerad Mistingue neben ihm im Bett gelandet? Warum finden sich Kohlestücke in ihren Hosentaschen? Wie kommen eine Haarlocke, ein Damenschuh und ein Damenhöschen in ihren Besitz? Beim Frühstück liest Lenglumés Gattin Norine die Neuigkeiten des Tages aus der Zeitung vor. Eine Kohlenträgerin ist in der Rue de Lourcine erschlagen worden, nach den betrunkenen Tätern wird bereits gefahndet. Jetzt gilt es zu handeln. Beweise müssen vernichtet, etwaige Belastungszeugen bestochen und notfalls aus dem Weg geräumt werden. Selbst vor einem Mord würden die beiden braven Bürger nicht zurückschrecken. Dass die Zeitung mit der vermeintlich brandaktuellen Nachricht zwanzig Jahre alt ist, weiss nur der Diener Justin …
Eugène Labiche
Eugène Labiche (1815–1888), Pariser Fabrikantensohn, Jurist und zeitweilig Landbürgermeister, Autor unzähliger Komödien, Possen und Vaudevilles, lotet mit unbestechlichem Blick die Untiefen hinter den Fassaden des Bürgertums aus. Über dem Komödienhimmel ziehen sich dunkle Wolken zusammen. Wer weiss schon, zu welchen Taten man fähig ist, wenn einmal die Vernunft versagt? Oder um es mit Labiche auszudrücken: «Der Bourgeois, der Philister – dieses Tier bietet zahllose Möglichkeiten. Es ist unerschöpflich.»
Übersetzung: Elfriede Jelinek
Das Luzerner Theater spielt die abgründige Komödie, die mit ihren gesungenen Couplets zu den erfolgreichsten und meistgespielten Werken des Autors zählt, in einer Übersetzung der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek.