In «Der Mensch erscheint im Holozän» erzählt Max Frisch fein, lakonisch und sonderbar heiter von einem so existentiellen wie aussichtslosen Auflehnen gegen die Natur. Der Regisseur Felix Rothenhäusler inszeniert Herrn Geisers stummen, sturen Kampf als Begegnung mit der Kraft eines Orchesters.
Luzerner Theater | Der Mensch erscheint im Holozän
Die Natur kennt keine Katastrophen
Das Valle Onsernone im Tessin. Irgendwo klöppelt es auf Blech. Spätsommerlicher Dauerregen. Herr Geiser sitzt in seinem Alterswohnsitz fest. Ein Erdrutsch hat den Weg ins Tal versperrt. Der Strom fällt aus. «Che tempo», sagen die Einwohner des Bergdorfes, die er kaum versteht. Schweigsam versucht er, die Zeit totzuschlagen. Er baut Pagoden aus Knäckebrot, trägt einen Hut ohne Zweck und sieht Risse im Berg, die die anderen nicht sehen. Es ist nicht der Hang, der ins Rutschen kommt. Sein Weltbezug verliert den Boden. Schlimmer als das Unwetter – geht es ihm durch den Kopf – wäre der Verlust des Gedächtnisses. Herr Geiser verzettelt sich. Ringt mit Notizblock und Brockhaus um seine Erinnerungen. Verwechselt das eigene Ende mit dem Ende der Welt. «Das Zeitalter der Dinosaurier», «Geologische Formationen», «Gedächtnisverlust», «Schlaganfall». Erosion ist ein langsamer Vorgang.