Samir inszeniert im Luzerner Theater eine düstere Zukunftsvision, in der ein staatlich verordneter Gesundheitszwang herrscht, aus dem es nur einen Ausweg gibt.
Luzerner Theater | Corpus Delicti
Ein von Krankheit und Schmerz befreites, glückliches Leben als oberstes Prinzip staatlichen Handelns hat sich im Jahre 2057 durchgesetzt. Das System sorgt mit hochkomplexen Kontrollmechanismen dafür, dass der kleinste Anflug von Krankheit im Keim erstickt wird: Strenge Hygienevorschriften, umfassende Überwachung medizinischer Untersuchungsergebnisse und sportliche Ertüchtigungsprogramme garantieren jedem Einzelnen das absolut schmerzfreie Leben.
Die Biologin Mia Holl, ursprünglich systemtreue Verfechterin des Prinzips Gesundheit, wird durch den Tod ihres Bruders aus der Bahn geworfen. Moritz Holl hatte durch systemfeindliches Verhalten mehrfach die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich gezogen – wiederholter Tabakmissbrauch, Umherstreunen in bakteriell verseuchtem Gebiet –, bis er durch eine DNA-Analyse eines Sexualmords überführt wurde. Trotz hartnäckigen Leugnens seiner Schuld wurde er zur Höchststrafe verurteilt, der er sich im Gefängnis durch Selbstmord entzog. Mia Holl entdeckt durch seinen Tod eine «besondere Begabung zum Schmerz», vernachlässigt die Grundregeln des Systems und gerät nun ihrerseits in die Fänge der Justiz. Verfolgt und angeklagt von dem Journalisten Heinrich Kramer – dem ideologischen Vorkämpfer der METHODE und medienwirksamen Verfechter der Unfehlbarkeit des Systems – wird sie Opfer eines Schauprozesses. Längst geht es nicht mehr um die Causa Moritz Holl, gekämpft wird für oder gegen das System.
«Corpus Delicti» ist das erste Theaterstück der für ihr schriftstellerisches Werk vielfach ausgezeichneten Autorin Juli Zeh, die bislang vor allem durch ihre Romane «Adler und Engel», «Spieltrieb» oder «Schilf» zu grosser Bekanntheit gelangte. Am Luzerner Theater wird der rhetorisch brillante, sprachgewaltige Science-Fiction-Krimi von dem Schweizer Filmemacher Samir in Szene gesetzt, der zuletzt mit seinem Film «Snow White» das Glamourleben eines Partygirls von der Goldküste auf der Kinoleinwand entzauberte. Am Schauspielhaus Zürich ins zenierte er zuletzt die Deutschsprachige Erstaufführung von Simon Stephens «Motortown» und Tennessee Williams «Die Glasmenagerie».