Was passiert, wenn drei unterschiedliche Pilger:innen in einer abgelegenen Hütte am Jakobsweg wegen Sturm und ohne Handynetz festsitzen? Die tiefsinnigen Erkenntnisse lassen auf sich warten, derweil aber nasse Socken und hitzige Diskussionen ein Feuerwerk an Humor und Wortgefechten entfachen. Ein vielversprechendes Stück unter der bewährten Regie von Dominik Flaschka, verbunden mit dem Wunsch, die Tradition der Kabarett-Ensembles auferstehen zu lassen.
Kabarettistischer Hüttenkoller auf dem Jakobsweg
- Publiziert am 3. Februar 2024
Wiederbelebung einer Tradition
Kabarett-Ensembles haben in Deutschland einen festen Platz im Herzen des Publikums. Auch in der Schweiz war dem mal so, wir denken dabei etwa a das Kabarett Federal, Rotstift oder Götterspass. Die Shake Company und insbesondere der mehrfach preisgekrönte «Hausregisseur» des Ensembles, Dominique Flaschka, möchten diese Tradition auch bei uns wieder aufleben lassen und Begeisterung dafür entfachen. Dafür geht die Shake Company, die stets ein verlässlicher Garant für gute Unterhaltung ist, mit dem Stück DAS ZIEL IST IM WEG a den Start. Und gleich vorweg, dieser ist einmal mehr gelungen. Geschrieben haben die Komödie die deutschen Theaterprofis Michael Frowin, Philipp Schaller und Hans Holzbecher. Eric Hättenschwiler hat es für die Schweiz adaptiert.
Der Sinn des Lebens
DAS ZIEL IST IM WEG ist ein Pointen-Feuerwerk, aber alles andere als platt. Der ganze «Selbstoptimierungs-Wahn» unserer Zeit wird im Stück witzig aufs Korn genommen. Die drei Schichksalsgenoss:innen, die in einer kleinen Hütte gestrandet sind und nun warten müssen, bis der heftige Regen vorbei ist, haben sich aus ganz anderen Gründen auf den Weg gemacht. Dementsprechend prallen drei komplett unterschiedliche Charaktere aufeinander. Mehr sei hier aber nicht verraten. Nur so viel: Es ist ziemlich anstrengend, sich auf die Suche nach dem Sinn des Lebens zu machen, wenn man ihn eigentlich schon gefunden hat, dem aber nicht so sein darf. Besonders intensiv bringt das die Lehrerin Marion, gespielt von Tamara Cantieni, zum Ausdruck. Peter Zgraggen spielt Lars, ein Pfarrer und unfreiwilliger Gemeindepräsident. Er ist der eigentliche Hingucker des Abends, so variantenreich und überzeugend wie er seine Rolle spielt, könnte man ihm noch lange zuschauen. Der Dritte im Bunde ist Dirk, alternierend gespielt von Peter Denlo und Reto Mosimann. Dirk ist ein einfacher Arbeiter. Warum er den Weg nach Santiago de Compostela unter die Füsse nimmt, ist ziemlich speziell. Rechtschreibfehler führen auf die richtige Spur. Aber auch dazu sei hier nicht mehr verraten.
Politische Abrechnung
In DAS ZIEL IST IM WEG geht es aber nicht nur um die persönliche Befindlichkeit der drei Protagonisten. Es wird auch die politische Weltlage amüsant aufs Korn genommen. Denn im Stück werden tagespolitische Themen verhandelt: Der Klimawandel, das viele Plastik im Meer, der Grössenwahn von Putin. Eric Hättenschwiler reichert das Stück raffiniert mit Pointen an, die sich auf die Schweiz beziehen. Ein Land, in dem auch «ein Maurer Bundesrat werden kann.» Das Gute am Stück sei, sagt Schauspielerin Tamara Cantieni in einem Portrait von Stefan Busz, (TA, siehe Link), «dass solche Geschichten, wenn sie mit Witz erzählt würden, einen viel grösseren Effekt hätten. Das Publikum nimmt dann die Kritik viel besser auf. Eben: Sie ist durch und durch positiv.». Positiv ist dieser Theaterabend im charmanten Saal vom Weissen Wind allemal, auch wenn die Halluzinationen, die durch das masslose Trinken von Klosterfrau Melissengeist bei den drei Pilger:innen hervorgerufen werden, etwas gar lange ausgebreitet werden.
Fazit: Ein Kabarettabend der Superlative und keine Sekunde langweilig.