«Die Shake Company enttäuscht einfach nie!» Das gilt auch für ihre Produktion «Estrawurst». Die Comedy-Autoren Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob, die Fernsehformate wie «Die Wochenshow», «Ladykracher» oder «Stromberg» realisierten, haben eine herrliche Satire über falsch verstandene politische Korrektheit geschaffen. Der Shake Company gelingt es einmal mehr, ein internationales Stück hervorragend zu adaptieren und so dem Deutschschweizer Publikum zugänglich zu machen.
Extrawurst | Eine schlagkräftige Komödie
Mit «Abstand» etwas vom Besten was an Unterhaltung gegenwärtig geboten wird und aus unsere Sicht DAS Highlight des 30. Arosa Humorfestival.
Zum Stück
Eigentlich ist es nur eine Formsache: Die Mitgliederversammlung eines Tennisclubs in der Provinz soll über die Anschaffung eines neuen Grills für die Vereinsfeiern abstimmen. Normalerweise kein Problem – gäbe es nicht den Vorschlag, auch einen eigenen Grill für das einzige türkische Mitglied des Clubs zu finanzieren. Denn gläubige Muslime dürfen ihre Grillwürste bekanntlich nicht auf einen Rost mit Schweinefleisch legen.
Eine gut gemeinte Idee, die aber immense Diskussionen auslöst und den eigentlich friedlichen Verein vor eine Zerreissprobe stellt. Wie viele Rechte muss eine Mehrheit einer Minderheit einräumen? Muss man Religionen tolerieren, auch wenn man sie ablehnt? Und sind eigentlich auch Vegetarier eine Glaubensgemeinschaft?
Immer tiefer schraubt sich der vordergründig läppische Konflikt um den Grill in die Beziehungen der Mitglieder. Ebenso respektlos wie komisch stossen Atheisten und Gläubige, Schweizer und Türken, «Gutmenschen» und Hardliner frontal aufeinander. Und allen wird klar: Es geht um mehr als einen Grill… Es geht darum, wie wir zusammenleben. Zumal die Grenzen zwischen «rechts und links», «tolerant und intolerant», «religiös und ungläubig» viel fliessender sind als man denkt.
Die Zuschauer*innen sind als Vereinsmitglieder direkter Teil des Geschehens und erleben mit, wie sich eine Gesellschaft komplett zerlegen kann.
arttv Wertung
Welch ein Lichtblick in den schwierigen Corona-Zeiten! Beste Unterhaltung, intelligent, lustig, hintergründig, temporeich, gesellschaftlich relevant und schauspielerisch überzeugend umgesetzt. Es ist ein grosses Glück, dass die Deutschschweizer Theaterszene auf die Shake Company zurückgreifen kann. Wie schon in den vorausgegangenen Produktionen begeistert einmal mehr Eric Hättenschwiler, im aktuellen Stück in der Rolle als Präsident des Tennisclubs. Mit Hättenschwiler erlebt das Publikum einen Schauspieler im Format des legendären Mathias Gnädinger. Und es bleibt nur zu hoffen, dass Hättenschwiler baldmöglichst mit einer grossen Rolle in einen Schweizer Film dessen Erbe antreten kann. Der entsprechende Regisseur oder die entsprechende Regisseurin wird es nicht bereuen. Fazit: Mit Sicherheit etwas vom Besten was wir in den letzten Jahren punkto hochstehender Unterhaltung gesehen haben.