Tanzuraufführungen kreisen um die Schönheit des Momentes und suchen Sinn im Zeitenwechsel, Chorkonzerte erzählen von Abschied und Hoffnung. Der temporäre gelbe Theaterbau am oberen Dorfende von Riom enthält zwei Bühnenräume, die mit neuen Werken bespielt werden, darunter «Paul, Pauline, Laurent», inszeniert von Intendant Giovanni Netzer. Die gregorianischen Gesänge begleiten den immerwährenden Kreislauf der Sonne. Alles hat seine Zeit – und «Zeit» spiegelt sich in allen Programmen wieder.
Ein Sommerfestival wie aus der Zeit gefallen – Nova Fundaziun Origen
Hoch oben, im Dorf Riom und auf dem Julierpass treffen Besucher:innen auf ein beeindruckendes Bühnenprogramm, das zum sommerlichen Verweilen einlädt.
Das Freilichttheater Arsa da Riom nimmt die Zuschauer mit auf eine grosse Zeitreise durch die historischen Epochen von Riom und wird abends aufgeführt. Das Musiktheater Paul, Pauline, Laurent findet nachmittags statt und erzählt von neuen Bauplänen und alten Dorfrivalen.
Der Theologe, Kunstgeschichtler und promovierte Theaterwissenschaftler Giovanni Netzer, in Savognin geboren, hat in München studiert. Er ist Gründer und Leiter der Nova Fundaziun Origen in Graubünden. Origen wurde im Jahr 2005 gegründet und zählt heute zu den grössten Kulturinstitutionen im Kanton Graubünden. Giovanni Netzers Bühnenarbeiten sind geprägt von kultischem Formenmaterial, von experimentellem Landschaftstheater und von der Sprachenvielfalt seiner Heimat. Netzer wurde vielfach für seine literarischen Werke und Theaterarbeit ausgezeichnet, u.a. mit dem Bündner Kulturpreis und dem Hans-Reinhart-Ring, der wichtigsten Auszeichnung im Theaterleben der Schweiz.
Musiktheater von Giovanni Netzer
Laurent und Pauline Carisch, die reichen Rückkehrer aus Paris, sind ein zänkisches Ehepaar, das die besten Liebesjahre bereits hinter sich hat. Die Pariserin Pauline erinnert sich an ihre glücklichen Jugendjahre in der französischen Metropole. Paul Frisch, der einsame Witwer, sehnt sich nach menschlicher Nähe, seit seine Frau verstorben ist. Eine scheue Dreiecksbeziehung spinnt ihre Fäden. Doch dann bricht das Feuer aus und legt das Dorf in Schutt und Asche. Der Brand zerstört die hehren Gefühle, er tilgt die grosse Leidenschaft. Die Sehnsucht weicht der Ohnmacht, die Einsamkeit verschafft sich Raum. Im verkohlten Dorf spiegeln sich die erloschenen Beziehungen. «Paul, Pauline, Laurent» ist ein Werk für Gesang, Klavier und kräftige Perkussion.
Freilichtspiel «Arsa da Riom»
Das traumwandlerische Spiel erzählt von einer grossen Zeitreise, die Paul Frisch und seinem Sohn Luzi widerfährt: In den Brandruinen des Dorfes
entdecken sie die Spuren älterer Zivilisationen und begegnen kraftvollen Figuren, wie etwa der melancholischen Burgfrau oder dem wütenden Kapuzinerpater, der das Dorf verflucht. Das kubische, mit gelben Netzen kraftvoll bespannte Bühnenhaus spielt in grossen Atmosphären mit den abendlichen Himmelsfarben und wird zum zeitlosen, abstrakten Ort.
Highlights unter den Tanzaufführungen
Der französische Choreograph Sébastien Bertaud widmet sich der Beziehung zwischen Mensch und Zeit, der endlosen Bewegung der Anima Mundi: der Seele der Welt. Der Jung-Choreograph Charlie Skuy deutet die Zeit als Traumzustand und lässt seine Tänzer:innen in seinem Stück «Nihil, Nihil, Nihil» durch die Stadien ihrer Leben wandeln. Der Choreograph Dustin Klein reflektiert mit Solisten des Bayerischen Staatsballetts die Bedeutung kultureller Epochen und deren Beeinflussbarkeit. – «Tempo Rubato» ist eine tänzerische Zeitreise bis zurück ins Mittelalter. Der Choreograph Ilia Jivoy und die Ex-Tänzer des Mariinsky-Theaters in St. Petersburg beschäftigen sich mit dem menschlichen Schicksal. Ganz ohne Worte – «Mo Words».
Klang-Installationen im Julierturm
Der Komponist Kirill Richter erschafft musikalische Atmosphären für den Julierturm. Jede Jahreszeit erhält ihren charakteristischen Klang. Die Installation lädt zum Verweilen, zum stillen Reflektieren, zum persönlichen Erinnern.
Weitere Informationen zu Führungen, Vorträgen und Konzerten entnehmen Sie der Webseite der Veranstaltenden.
(Textgrundlage: Nova Fundaziun Orige)