Als einziger Schweizer arbeitet Hansueli Trüb mit den zeitgenössischen Möglichkeiten der Schattenspielkunst. Nur Licht, Schatten und Musik waren die Akteure im grosszügigen Raum der Alten Reithalle Aarau, wo das Stück zur Uraufführung kam. «Shadows» ist wie eine Abfolge von kleinen Szenen, in denen sich der Schattenspieler verliert, sich amüsiert und wiederfindet. Trüb hat mit seiner neusten Produktion ein überraschendes und ephemeres Gesamtkunstwerk geschaffen.
Das Theater-Pack | Shadows
Ephemeres Panoptikum
Aus der Dunkelheit taucht Licht auf, mit ihm erscheinen Schatten, Schemen, Silhouetten, Geräusche, Rhythmen. Ist es ein Atelier, ein Labor, die Werkstatt des Schattenspielers? Dreht sich die Grossstadt, der Plattenspieler? Oder die Fantasien eines wirren Geistes im Kopf desselben? Der Schattenspieler hisst seine Projektionsflächen wie Segel eines Schiffes, bläst den Wind mit Ventilatoren hinein und legt ab. Die Eisenbahn zerschneidet Häuserzeilen, pflügt sich durch windgepeitschten Regen, lässt die Konturen des sysiphosartigen Schattenspielers im Raum zerfliessen und zu Klängen tanzen, die von überall und nirgends zu kommen scheinen. Ein Panoptikum aus Licht und Schatten, aus Geräuschstrukturen und Klangfetzen verwandeln die Reithalle in ein gigantisches Versuchslabor, aus dem es kein Entfliehen gibt, solange noch ein Fünkchen Licht brennt und den Raum zum Kosmos macht, in dem die Schatten das Sagen haben. Die Dimensionen verschwimmen, Geräusche tauchen auf und verhallen – zurück bleibt ein Hauch von Nichts. Eine Erinnerung an das Licht, wenn es verloschen ist.
Text: Das Theater-Pack