Der Kunst- und Architekturhistoriker Werner Oechslin hat seine Stiftung und Präsenzbibliothek mit dem Schwerpunkt Quellenschriften zur Architektur und zur Architekturtheorie 2006 eingeweiht. Stiftungszweck ist es, einen international bedeutenden Beitrag zur architektur- und kulturgeschichtlichen Forschung zu erbringen. Die Forschungsbibliothek steht in der Tradition jener Bibliotheken, deren Aufstellung der Bücher selbst eine Wissenschaftsform darstellen.
Stiftung Bibliothek Werner Oechslin | Einsiedeln
Rund 50'000 Bücher aus sechs Jahrhunderten sind in diesem sakralen Botta Gebäude zusammengetragen – nur wenige Meter vom Kloster Einsiedeln entfernt.
Gelebtes Wissen
Es geht primär um Architektur, aber auch darum, diese in ihrem Kontext zu verankern. Wichtige, ihr nahestehende Gebiete wie Philosophie, Mathematik, Kunst, Archäologie und Geschichte sind in der Bibliothek ebenfalls sehr umfangreich vertreten. Und es geht um Quellenstudium. Darum die Schriften im Original zu lesen und zu studieren. Die alten Bücher zu riechen, zu ertasten und deren Rezeption, die in Kommentaren, Randnotizen und Zeichnungen erhalten ist, einzubeziehen. Es geht darum, die Möglichkeit zu haben, an den Anfang einer Idee zu gelangen. Und das Alte nicht nur als Datei zu betrachten, sondern als gelebtes Wissen zu begreifen. Es ist eine Bibliothek, in der die Bücher angefasst werden können und das Wissen sich so präsentiert, wie es schon seit Jahrhunderten zelebriert wurde. Ostentatio eruditionis, als Vorzeigeinstrument.
Überlebenskampf
Die Meldungen um den finanziellen Überlebenskampf der Bibliothek gehören leider zum Alltag der Stiftung. Die international wohl bedeutendste Forschungsbibliothek auf dem Gebiet der Geschichte und Theorie der Architektur existiert dank einem Kooperationsvertrag mit der ETH Zürich, der jedoch per Ende 2021 gekündigt ist und nun, so hofft man, wenigstens durch einen Interimsvertrag ersetzt werden soll. Wie ein modernes Raumschiff, das die Schätze einer Zivilisation beherbergt, aber aus seiner Zeitzone geraten ist, droht der wunderbare Mario Botta Bau in den Hügeln von Einsiedeln stecken zu bleiben.