An der Buchvernissage «Quarto 47» in der Nationalbibliothek in Bern wird das sprachmächtige Werk des 90-jährigen Schriftstellers Paul Nizons geehrt. Die Zeitschrift des Schweizerischen Literaturarchivs widmet Paul Nizon mit dem 47. Band ein Buch mit Anekdoten, Interviews, Bildern und wissenschaftlichen Texten. Ebenfalls wurde die Katalogisierung und Vervollständigung des gesammten Werks Paul Nizons ins Schweizerisches Literaturarchiv in der Nationalbibliothek gefeiert.
Schweizerische Nationalbibliothek | Paul Nizon | «Quarto 47»
Paul Nizon habe sich selbst lange gefragt, was «er» wert ist. Mit der Aufnahme von Nizons Werk ins Staatsarchiv erübrigt sich seine Frage.
Literarische Gehversuche
Mit bald 90 Jahren wird Paul Nizon (*1929) längst als einer der modernen europäischen Grossstadtautoren gelesen und gefeiert. Doch aufgewachsen ist er in der Länggasse und seine ersten literarischen Gehversuche machte er in Bern. Nach seiner Matura schrieb Paul Nizon als Student der Kunstgeschichte und Museumsassistent nicht nur kunstkritische Aufsätze. Er erarbeitete sich auch allmählich das literarische Handwerk und entwickelte die Ansätze zu jener präzisen und zugleich virtuos-musikalischen Sprache, die sein reifes Werk auszeichnet. Fasst man die Fülle der frühen Manuskripte in Nizons Archiv genauer ins Auge, leuchtet bereits ein zentrales Motiv heraus: Die Stadt.
Ich – gefangen und versunken
In seinem Versuch über das Sehen (1979) beschreibt Nizon seine Jugend rückblickend als Zeit der Ich-Gefangenschaft, Ich-Versunkenheit und der Blindheit, gegen die er sich gezielt zur Wehr gesetzt habe, indem er durch Jobs bei der Bahnpost oder als Velokurier den Kontakt mit der Aussenwelt suchte. Die Spuren dieser Schule des Sehens sind im Archiv in der Nationalbibliothek zu finden.
Nizons Urbomanie
Der weitere Weg führte ihn nach Rom, Barcelona und London und schliesslich dauerhaft nach Paris: Die Metropole wurde ihm zur «Entbindungsanstalt» seines Schreibens. Der Rausch des orientierungslosen, sinnlichen Untertauchens in der Grossstadt ist in seinem Werk zugleich ein Sprachrausch, eine Euphorie der Bemächtigung dieser intensiven Welt, eine «Urbomanie», wie sie ihren Höhepunkt im Roman «Das Jahr der Liebe» (1979) erlebt. Seine Werke sind nun im Schweizerisches Literaturarchiv in der Nationalbibliothek archiviert und katalogisiert.