Erst der Selbstmord einer jungen Frau bricht das Schweigen der Dorfbewohner auf, die mit ihr aufgewachsen sind. Inokai, die in Berlin lebt, erhält für ihren zweiten Roman «Mahlstrom» den Schweizer Literaturpreis. Die Verleihung der Schweizer Literaturpreise 2018 findet im Beisein von Herrn Bundeskanzler Walter Thurnherr am 15. Februar 2018 im Lesesaal der Schweizerischen Nationalbibliothek in Bern statt.
Schweizer Literaturpreis | Yael Inokai | Mahlstrom
- Publiziert am 1. Februar 2018
Aufwachsen in einem Dorf, in dem jeder jeden kennt, verbunden mit alltäglicher Grausamkeit und Gewalt. Yael Inokais neuer Roman erzählt vom Schweigen.
Über das Buch
Am Anfang steht Barbara. Barbara, die sich mit zweiundzwanzig im Fluss ertränkt. Ihr Tod, der im ganzen Dorf die Telefone schellen lässt, bringt die anderen zum Reden: ihren Bruder Adam, ihre Freundin Nora und Yann, den Eindringling, der aus der Stadt neu zugezogen war. Sie alle sind mit der Verstorbenen und den falschen Zwillingen Annemarie und Hans zur Schule gegangen. Es waren kinderreiche Zeiten, und die Enge im Elternhaus trieb die Kinder nach draussen. Doch unter den Erinnerungen an das Jagen über die Felder oder jenes Streichholzspiel auf dem Pausenhof liegt etwas anderes, Unausgesprochenes begraben: In einer unbeobachteten Nacht verübten sie ein Gewaltverbrechen an einem von ihnen. Einen starken Sog auslösend, erzählt Mahlstrom die Geschichte sechs junger Menschen, die in einer dicht verwobenen Dorfgemeinschaft herangewachsen sind. Zugleich geschützt und bedroht von den engen Banden, sind sie im Erwachsenenleben angekommen und stecken doch noch knietief in ihrer Kindheit. Erst Barbaras Selbstmord bringt den Stein ins Rollen und zwingt die Übriggebliebenen, sich mehr als zehn Jahre nach dem Verbrechen dem Geschehenen zu stellen.
Stimmen
«‹Mahlstrom› verbindet Präzision mit Poesie. Es ist der zweite Roman der 28-jährigen Autorin. Schon in ihrem Debüt ‹Storchenbiss› hat sie von den Auswirkungen traumatischer Erfahrungen erzählt. Doch nun ist die Sprache prägnanter und kantiger geworden, die verschiedenen Erzählstimmen sind souverän komponiert.» Martina Läubli, NZZ | «In der Enge eines Dorfes entfaltet sie die Kraft einer universellen Geschichte.» Carola Ebeling, Missy Magazine | «Wie aus der Sprachlosigkeit ein verwundertes Beobachten, ein schamvolles oder betont distanziertes Erinnern […] entstehen – dieser sorgfältig komponierte, anschwellende Redefluss entwickelt einen unwiderstehlichen Sog.» Ruth Ganthert, viceversalteratur.ch