Bekannte Literat*innen und Übersetzer*innen reflektieren Spittelers Rede «Unser Schweizer Standpunkt», die er 1914 verfasste. «Ohne Zweifel wäre es nun für uns Neutrale das einzig Richtige, nach allen Seiten hin die nämliche Distanz zu halten» so seine These. In insgesamt zehn Lesungen quer durch die Schweiz wird das Publikum zur Diskussion eingeladen. Diverse weitere Anlässe wie ein Festakt in Luzern oder eine Ausstellung ehren Spittelers Lebenswerk.
Carl Spitteler | 100 Jahre Literaturnobelpreis
Er wurde als erster Schweizer mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Eine Lesetour konfrontiert uns mit seiner Ansicht zur Schweizer Neutralität.
Haben Nationen noch Sinn?
Soll man sich also nicht einmischen? Oder bietet gerade die Neutralität eine Chance, sich zu engagieren? Spitteler verfasste seine Rede kurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs, inmitten des «Klangs der Kriegstrompete» und «militärischer Kommandorufe». Forderungen nach der «totalen Neutralität» sind auch heute noch zu vernehmen – hundert Jahre, nachdem der Dichter als erster gebürtiger Schweizer mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet worden ist; wenn auch ungleich diffuser und komplexer. Die Gesprächsteilnehmer*innen – darunter bekannte Autorinnen und Autoren aus dem dreisprachigen, im Rotpukt Verlag erschienen Buch «Neue Schweizer Standpunkte» wie Monique Schwitter, Catherine Lovey und Fabio Pusterla – nähern sich dem Literaturnobelpreisträger Carl Spitteler und seinen Themen aus heutiger Sicht an: Wie steht es aktuell um den Wert der Neutralität und um das Verhältnis der Schweiz zu ihren europäischen Nachbarn? Was bedeuten Engagement oder Enthaltung in Zeiten humanitärer Katastrophen und weltweiter Migration? Haben Nationen noch Sinn? Und wie steht es derweil um den Zusammenhalt im eigenen Land?
Carl Spitteler
Der Schweizer Autor wurde 1845 in Liestal im Kanton Basel-Landschaft geboren. Nach Abschluss des Theologiestudiums ging er nach St. Petersburg, wo er acht Jahre lang als Hauslehrer arbeitete. In die Schweiz zurückgekehrt, veröffentlichte er 1880 sein erstes literarisches Werk, das Epos »Prometheus und Epimetheus«. Er unterrichtete an höheren Schulen in Bern, Zürich und La Neuveville und schrieb zahlreiche Feuilletonbeiträge für Zeitungen im In- und Ausland. 1883 heiratete er Maria op den Hooff, mit der er zwei Töchter hatte. Die Familie zog 1892 nach Luzern, wo Spitteler als freier Schriftsteller tätig war. Seine Rede »Unser Schweizer Standpunkt« trug ihm national und international Lob wie auch Kritik ein. 1920 erhielt er, rückwirkend auf das Jahr 1919, den Nobelpreis für Literatur. Spitteler starb 1924 in Luzern.