Es war einmal das Märchen vom Blaubart. Der tötete alle seine Ehefrauen, weil sie seinem Verbot zuwiderhandelten, ein bestimmtes Zimmer zu betreten. Nur seiner letzten Frau gelang es, sich vor ihm zu retten. Am Ende war es der Frauenmörder selbst, der sterben musste.
Blaubart | Museum Strauhof
Das Märchen ist das literarische Werk des französischen Schriftstellers Charles Perrault, der es 1697 in Paris veröffentlichte. Seitdem sind unzählige Bearbeitungen von „Blaubart“ in allen Gattungen (Märchen, Erzählungen, Romane, Dramen, Opern, Illustrationen) entstanden. Zu den bekanntesten Bearbeitungen zählen das Märchen von Ludwig Bechstein, die Oper von Béla Bartók nach Béla Balázs, das Puppenspiel von Georg Trakl, das Tanztheaterstück von Pina Bausch, die Erzählung von Max Frisch. Als Subtext lauert der Blaubart-Stoff im „Todesarten-Projekt“ von Ingeborg Bachmann, und in den neunziger Jahren haben Autorinnen wie Karin Struck, Undine Gruenter oder Dea Loher sich mit dem Blaubart-Stoff auseinandergesetzt.
Die Ausstellung zeigt, wie sich die Sicht auf Blaubart und seine letzte Frau – wer ist Täter? wer ist Opfer? – in über 300 Jahren gewandelt hat und wie sie vom jeweiligen Stand des Geschlechterkonflikts abhängt. Sie macht auch deutlich, dass die Männer die Deutungsmacht über den Blaubart-Stoff verloren haben. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erzählen vermehrt Frauen ihre Version der Geschichte. Und weil der Streit um die Rolle der Frau in der Gesellschaft noch nicht entschieden ist, lebt das Blaubart-Märchen weiter.