«Je ne te voyais pas» veranschaulicht die Funktionsweise der restaurativen Justiz. Ergänzend zum retributiven Strafverfahren ist sie ein Weg, der sich – auch hinsichtlich der Rückfallprävention – günstig auf die psychische Gesundheit auswirkt. Anhand zahlreicher konkreter Fälle, die unbeschönigt gefilmt wurden, zeigt der Film die Möglichkeit auf, allmählich aus dem «Opfer»-«Täter» Schema auszusteigen und zur Normalität zurückzufinden.
Je ne te voyais pas
Nach dem Abschluss eines Jurastudiums an der Universität von Neuchâtel studiert François Kohler Film an der INSAS (Institut National Supérieur des Arts du Spectacle et Techniques de Diffusion) in Brüssel. Er führt Regie, produziert oder koproduziert später Kino- und Fernsehfilme, einschliesslich «Le souffle du désert» (2005) und «Cher monsieur, Cher papa» (2008), welche beide im internationalen Wettbewerb des Festivals Visions du Réel in Nyon uraufgeführt wurden. François Kohler ist Mitbegründer der Firma e-media SA und Instant Film Sarl und übt parallel dazu weitere Tätigkeiten in den Bereichen Weiterbildung und Kulturpolitik aus.
Stimmen
«Im Bereich der restaurativen Justiz fällt die Schweiz im Vergleich zu anderen Staaten, etwa Belgien und England, zwar zurück, dennoch ist sie in Ansätzen vorhanden. Regisseur François Kohler begleitet die komplizierte Annäherung zwischen Opfern, die versuchen, ihr Leben neu zu ordnen, und Tätern, die Verantwortung übernehmen wollen. Dafür reiste er unter anderem in die belgische Region Wallonie. Wie positiv sich dieses (moderne) Verständnis von Konfliktmanagement auswirken kann und welche immensen Vorteile es bietet, macht Kohler nachhaltig deutlich. Er nimmt sich Zeit und spricht zunächst ausgiebig mit den jeweiligen Parteien. Etwa mit einem jungen Mann, dessen Kiefer bei einem Gewaltverbrechen zertrümmert wurde. … Zudem erzeugt die Doku Nähe und Intimität zu den Protagonisten, da Kohler sie in ihrem privaten Raum und Alltag beobachtet. Etwa einen 46-jährigen Häftling, der 1980 selbst Opfer wurde. Seine Mutter wurde getötet als er ein Kind war. Nun trifft er auf den Schuldigen. „Je ne te voyais pas“ präsentiert geduldig die Sichtweisen beider Männer. In Einzelgesprächen mit einer Mediatorin erfährt der Zuschauer die jeweiligen Erwartungen und Ängste, die mit der direkten Konfrontation verbunden sind. Ohne zu verurteilen oder dem Kinobesucher eine Meinung aufdrängen zu wollen.» – Björn Schneider, cineman.ch