Zurich Film Festival 2022 | Award Night
- Publiziert am 2. Oktober 2022
Preisverleihungen sind in der Regel eine zähe Angelegenheit, nicht so am ZFF in Zürich.
Minutenlange Laudatios zu Filmen, die die Mehrheit des Publikums nicht gesehen hat, Dankesreden, die sich dahinschleppen: Das sind oft die Merkmale von Kulturpreisen. An der 18. Award Night des Zurich Film Festivals war davon nichts zu spüren. Nicht zuletzt dank dem Host des Abends, Carlos Leal, der mit Tempo und Witz moderierte. Beschwingte Musik und viele charmante Momente bescherten dem Publikum einen vergnügten Abend. Etwas mehr Raum hätten die Gewinnerfilme allerdings verdient gehabt.
Neuer Publikumsrekord am 18. Zurich Film Festival
Gleich zu Beginn der Veranstaltungen konnte der künstlerische Direktor des Festivals, Christian Jungen einen neuen Publikumsrekord bekannt geben. Über 135’000 Besucher:innen liessen sich vom Festival in die Welt des Kinos verführen. Ein Publikum, das den Film BECOMING GIULIA von Laura Kaehr zum bestens des Festivals auserkoren hat. Warum diese Preiskategorie nur ein Zertifikat und nicht auch ein Goldenes Auge zugesprochen wird, ist nicht ganz nachzuvollziehen. Immerhin ist der Publikumspreis im Grunde die vielversprechendste Auszeichnung eines Festivals, denn am Ende ist es das Publikum, das die Filme im Kino anschaut und dafür Eintritt bezahlt. Weitere Preisträger waren CASCADEUSES von Elena Avdija, LOS REYES DEL MUNDO von Laura Mora und SAM NOW von Reed Harkness. (siehe dazu separaten Artikel)
Viel Charme und Herzlichkeit
Der Abend war durch viel Herzlichkeit geprägt. Moderator Carlos Leal liess seine spanische Mutter auf die Bühne bitten, die Tortillas verteilte.
Damit wollte man noch einmal darauf aufmerksam machen, dass Spanien Gastland der 18. Ausgabe war. Eine weitere schöne Geste, Festivaldirektor Christian Jungen dankte seinem Team und den 700 Volunteers, die das Festival erst ermöglichen. Besonders hob er seinen persönlichen Fahrer hervor, einen Flight Attendant, der extra seit zehn Jahren für das Festival seine Ferien opfert. Ebenfalls emotional war die Verabschiedung von Elke Mayer, die elf Jahre die Geschicke des Festivals mitgeprägt hatte, davon drei als Geschäftsführerin. Von zwei knackigen jungen Männern mit entblössten Oberkörpern wurde sie auf einem Surfbrett aus dem Saal getragen, ein Hinweis auf ihr liebstes Hobby, dem Kitesurfen.
Mehr Raum für den Film
Wie eingangs erwähnt, die Award Night war unterhaltsam. Nicht zuletzt auch dank der mehrköpfigen Funky Claude’s All Star Band, die internationales Flair nach Zürich brachte oder Stefanie Heinzmann und ihrer Kindertruppe. Und trotzdem: etwas mehr Raum hätte man dem Film einräumen können. Insbesondere die Filmeinspielungen waren derart kurz, so dass man es eigentlich auch hätte ganz bleiben lassen können. Hier wären ein paar Sekunden mehr drin gelegen, zumal – und das ist auch angenehm – sich beim Zuich Film Festival die Preise auf wenige Kategorien beschränken. Ebenfalls schade, dass nicht auch die Preise der vom Festival unabhängigen Jurys erwähnt wurden. So wäre dem Publikum aufgefallen, dass der Film FOUDRE von Carmen Jaquier gleich drei Mal ausgezeichnet wurde. Der Film erhielt eine «Special Mention» der offiziellen Jury aber auch den Preis der Kirchen des Kantons Zürich und den Kritikerpreis, den Emerging Swiss Talent Award. Unverständlich, dass dieser faszinierende Film noch keinen Verleiher hat. (Interview und Filmbesprechung auf arttv.ch)